Am 30. Oktober startete Migration Matters den ersten Abend seiner neuen, dreiteiligen Migration Matters Film & Talk Reihe, die in Berliner Kinos stattfindet und das Publikum dazu einlädt, Migration durch Film besser zu sehen und zu verstehen. Unter dem thematischen Bogen GEHEN – BLEIBEN – ZURÜCKKEHREN kombiniert jeder Abend einen Spiel- oder Dokumentarfilm mit Impulsen von Expert*innen und Praktiker*innen sowie Raum für Austausch mit dem Publikum.

Zehn Jahre nach dem sogenannten „Sommer der Migration“ im Jahr 2015 widmete sich unsere Auftaktveranstaltung „GEHEN“ im Delphi Lux Kino den Erfahrungen von Flucht und den Realitäten derjenigen, die gezwungen sind (oder sich entscheiden), zu gehen. Im Mittelpunkt stand der preisgekrönte Dokumentarfilm The Mind Game, der gemeinsam von Eefje Blankevoort und Els van Driel sowie Sajid Khan Nasiri (SK) in Szene gesetzt wurde. Der Film begleitet SK im Alter von fünfzehn Jahren auf seiner außergewöhnlichen Reise – von Afghanistan über den Iran, die Türkei und die Balkanroute bis nach Belgien.
Von links: Muhammad Qadeer (Soziales Berlin), Bernadette Klausberger (Migration Matters), Melissa Medina-Márquez (More in Common Germany)
SK dokumentierte einen Großteil seiner Reise selbst mit dem Handy. Er beschreibt sie wie ein Spiel, in dem er Level für Level überwinden muss. Hinter dieser Metapher verbirgt sich jedoch eine Realität, die von Gewalt an Grenzen, Unsicherheit, Abhängigkeit von Schleppern und der Willkür von Behörden geprägt ist — Erfahrungen, die viele Fluchtrouten nach Europa kennzeichnen. Als SK nach zwei Jahren schließlich Belgien erreicht, sieht er sich erneut Herausforderungen gegenüber: dem Misstrauen der Behörden gegenüber unbegleiteten Minderjährigen und der emotionalen Last, traumatische Erlebnisse fern der Heimat verarbeiten zu müssen. Die psychischen Folgen von Flucht bleiben oft unerwähnt, obwohl sie für viele Geflüchtete in Deutschland und darüber hinaus zentral sind.

Vor der Vorführung hörten wir nach einer kurzen Einführung von Bernadette Klausberger von Migration Matters einen Impuls von Melissa Medina-Márquez (More in Common Germany). Sie präsentierte Erkenntnisse aus der Meinungsforschung darüber, wie Migration in der Öffentlichkeit diskutiert wird, wie Narrative Einstellungen prägen und was eine konstruktive Debatte ermöglicht. Ein zentraler Befund aus der Forschung von More in Common: Die meisten Menschen in Deutschland wünschen sich eine sachliche und lösungsorientierte Diskussion über Migration, doch die aktuelle Debatte wird diesem Anspruch nicht gerecht.
Nach dem Film sprach Muhammad Qadeer, ein Berliner Sozialarbeiter, der unbegleitete minderjährige Geflüchtete unterstützt und in SKs Geschichte eigene Erfahrungen wiedererkannte. „Wir müssen anerkennen, was diese jungen Menschen geleistet haben und wie stark sie sind“, sagte er und erinnerte uns damit an die Mischung aus Trauma und bemerkenswerter Resilienz, die viele junge Geflüchtete prägt.

Auch noch lange nach dem Abspann führte das Publikum intensive Gespräche. Viele Teilnehmer*innen beschrieben den Abend als eindrücklich und augenöffnend – er gab Anlass, tiefer über Migration, Resilienz und Verantwortung nachzudenken.
Für alle, die nicht dabei sein konnten oder mehr erfahren möchten, gibt es hier alle Informationen.
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The Mind Game ist auf YouTube verfügbar
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More in Commons Publikation „Konstruktiv darüber reden: Fünf Fragen für zukunftsfähige Einwanderungsdebatten“
Unser herzlicher Dank gilt Melissa Medina-Márquez, Muhammad Qadeer sowie unseren Partnern der Yorck Kinogruppe und der Deutschen Postcode Lotterie. Ebenso danken wir allen, die diesen ersten Abend mit uns gestaltet haben.
Die Reihe wird am 4. Dezember mit dem Thema BLEIBEN fortgesetzt, inklusive einer Vorführung des preisgekrönten französischen Films L’Histoire de Souleymane im Rollberg Kino in Neukölln. Wir freuen uns darauf, viele neue Gesichter zu sehen.
Fotos: Allan Whyte
