THEMENABEND : GEHEN The Mind Game

Dokumentarfilm, 62min, NL 2023, OV englisch mit deutschen UT

Do, 30. Oktober 18.00h
Delphi Lux Kino, Berlin

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Wer muss gehen? Wer darf kommen? 

Der Themenabend GEHEN nimmt 10 Jahre nach dem sogenannten „Sommer der Migration“ 2015 in Deutschland Fluchterfahrungen in den Fokus – Was es wirklich heißt, 5.500km zu gehen und sich auf den Weg nach Europa zu machen, zeigt ein junger Afghane aus persönlicher Perspektive. Seine Reise, die für ihn viel mehr als ein „Mind Game“ war, hat er mit seiner Handykamera dokumentiert und Jahre später filmisch kommentiert.

„The Mind Game”, entstanden in Co-Regie der niederländischen Regisseurinnen Eefje Blankevoort und Els van Driel mit Sajid Khan Nasiri und auf Festivals weltweit ausgezeichnet, erzählt die Reise des 15-jährigen SK (Sajid Khan Nasiri). Es ist eine Migrationsgeschichte, die von Afghanistan über den Iran, die Türkei und über die Balkanroute schließlich nach Belgien führt. Der junge SK bestreitet seine Reise wie ein „Spiel“, bei dem er als „Held“ unermüdlich versucht, Level für Level vorwärts zu kommen.

Zwei Jahre und viele Hindernisse später in Belgien angekommen, sieht er sich dort mit neuen Herausforderungen konfrontiert: dem Misstrauen der Behörden gegenüber unbegleiteten, minderjährigen Geflüchteten, und dem Gefühl, am Ende allein zu sein: allein mit seinen Flucht-Erfahrungen und der großen Distanz zur Heimat – psychische Belastungen, denen auch in Deutschland viele Geflüchtete bis heute ausgesetzt sind.

Die emotionalen und mentalen Auswirkungen von Fluchterfahrungen bleiben ein unterbelichtetes Thema.

Für viele Migrantinnen und Migranten sind die Wege nach Europa nicht direkt, sondern geprägt von Unsicherheit und Umwegen, der Abhängigkeit von Schmugglern, und oftmals auch der Willkür von Behörden. Entscheidend sind immer die Solidarität und Unterstützung durch Menschen, die man am Weg trifft. Sichere und reguläre Einreisen nach Europa sind schwierig – gerade für jene Menschen, die am dringendsten Schutz benötigen. Eine der größten politischen Herausforderungen bleibt, geflüchtete Menschen, die sich auf den Weg nach Europa gemacht haben, tatsächlich wirksam zu schützen und damit ein menschenwürdiges europäisches Asylsystem Realität werden zu lassen. Wie diese Herausforderungen in Politik und Praxis aussehen und was wirksame Unterschiede machen würde, diskutieren wir begleitend zum Film.

Der Themenabend GEHEN verbindet Film, Diskussionsimpulse von Migrationsexpert*innen und einen Wissens- und Erfahrungsaustausch im Publikum.

Do, 30. Oktober 18.00h
Delphi Lux Kino, Berlin

Mit freundlicher Unterstützung von

                     

 

Film-Website

Diskussionsimpulse von Gästen:

Melissa Medina-Márquez
Melissa Medina-Márquez

Melissa Medina-Márquez, More in Common

Zurückweisungen an den Grenzen, Abschiebestopp oder -verschärfungen und 10 Jahre „Wir schaffen das“ –  Migration wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Viele Menschen empfinden es als schwierig, gelassen über das Thema zu sprechen.

Melissa Medina-Márquez arbeitet bei More in Common Deutschland, einer gemeinnützigen Organisation, die sich mit ihrer Forschung dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und dem Vertrauen in Demokratie verschrieben hat.

An der Schnittstelle von Migrationsforschung und zivilgesellschaftlicher Praxis interessiert sie die Frage, wie konstruktive Dialoge über polarisierende Themen möglich werden. Durch ihre eigene Migrationserfahrung von Ecuador nach Deutschland vor 10 Jahren bringt sie neben den fachlichen auch persönliche Perspektiven auf Fragen des Zusammenlebens in Deutschland ein.

Muhammad Qadeer
Muhammad Qadeer

Muhammad Qadeer, Sozialbetreuer bei SOZIALES-BERLIN

Qadeer ist selbst 2016 gegangen: von Pakistan über den Iran, die Türkei und Griechenland. Drei Jahre später ist er schließlich in Deutschland angekommen. Heute arbeitet er in Berlin mit minderjährigen und jungen Geflüchteten, unter anderem aus Afghanistan und Syrien, und unterstützt sie bei allen Fragen des Alltags: von Essen und Kleidung über Schule und Freizeit bis hin zu Behördengängen und Ärzten. Qadeer weiß aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, sich auf den Weg zu machen. Während ein Weg mit der Ankunft in Europa endet, beginnt ein neuer mit vielen weiteren Herausforderungen.

WATCHLIST / LESEEMPFEHLUNGEN

Nach dem Film / Mehr verstehen:

Du willst mehr zu den angesprochenen Themen des Abends wissen: hier eine kleine Auswahl von Migration Matters Videos, die dich interessieren könnten:

Info Video (5min)

Junge Menschen über die Gründe nach Europa zu kommen

https://youtu.be/mjp6gBwBxTo?si=rpDGX1wmnTtpDRNH

 

Info Video (6:39min)

Junge Menschen über das Leben als Migrant: Bin ich hier willkommen?

https://youtu.be/IJOQ6auoFVY?si=qxozz0nifnUIyrJK

 

Experten Video (7:36min)

Migrationsforscherin Nassim Maid: Warum Menschen migrieren / Fluchtursachen überdenken

https://www.youtube.com/watch?v=DvqSBgLQdi0

 

Kurzdokumentation (6:46min)

Migrant Lives in Pandemic Times: VaGa_Bons Geschichte

https://www.youtube.com/watch?v=IgqEWjBtpiY

www.migrantlives.net

 

Nach dem Film / Mehr sehen:

Filme mit starken Migrationsgeschichten, die wir empfehlen – du findest sie auf Streaming Plattformen online:

Green Border

2023, Agnieszka Holland, Deutschland/Frankreich/Polen/Belgien

Spielfilm, 147min

Der Film spielt an der polnisch-weißrussischen Grenze und begleitet Flüchtlinge, Aktivisten und Grenzschutzbeamte, deren Leben sich im Zuge der europäischen Migrationskrise miteinander verflechten. Durch seine sich überschneidenden Erzählstränge porträtiert er den Wald sowohl als physische Barriere als auch als Symbol für moralische Verwirrung.

Kritische Anmerkungen: Regisseurin Agnieszka Holland verwendet eine kontrastreiche Schwarz-Weiß-Ästhetik, um den Grenzwald in eine bedrückende Kulisse zu verwandeln, die sowohl das Leiden der Migranten als auch die von den Grenztruppen praktizierte Entmenschlichung vermittelt. Der Film durchbricht die Distanziertheit, indem er sich auf intime Momente des Mitgefühls inmitten politischer Brutalität konzentriert und die Zuschauer mit den menschlichen Kosten geopolitischer Entscheidungen konfrontiert.

Harraga – Those Who Burn Their Lives

2023, Benjamin Rost, Deutschland

Doku, 90min

Der Film begleitet fünf marokkanische Teenager, die in einer Höhle unterhalb des Leuchtturms von Melilla, Spaniens Enklave in Nordafrika, leben. Weit entfernt von ihren Eltern versuchen sie, an Bord von Schiffen zu gelangen, die sie illegal in ein besseres Leben bringen sollen.

Kritische Anmerkungen: Anhand von fünf Jahren Beobachtungsdokumentation zeichnet Benjamin Rost ein lyrisches und doch eindringliches Porträt marokkanischer Jugendlicher, die im Schatten vonMelilla, am Rande Europas, eine Gemeinschaft aufbauen, wo ihre nächtlichen Fluchtversuche zu einem Akt des Widerstands gegen politische Ablehnung werden. Die ästhetische Zurückhaltung – lange Einstellungen, natürliches Licht,intime Bildkomposition dank jahrelang aufgebautem Vertrauen – weckt Empathie und bietet einen seltenen Einblick in jugendliche Grenzerfahrungen, die unter der Last einer ausgelöschten Identität gelebt werden.

Ich Capitano

2023, Matteo Garrone, Italien/Belgien/Frankreich

Spielfilm, 121min

Der Film zeichnet die abenteuerliche Reise von Seydou und Moussa nach, zwei jungen Männern, die Dakar verlassen, um sich auf den Weg nach Europa zu machen. Eine zeitgenössische Odyssee durch die Gefahren der Wüste, die Schrecken der Internierungslager in Libyen und die Gefahren des Meeres.

Kritische Anmerkungen: Der Film ist relevant für das Verständnis von Migration als gelebte Erfahrung aus der hoffnungsvollen, aber erschütternden Perspektive von Teenagern – und nicht aus der Sicht europäischer Institutionen.  Seine Originalität liegt in Garrones Verschmelzung von realistischer Ästhetik und mythischer Bildsprache, die das Leiden der Migranten nicht als Spektakel oder Tragödie, sondern als ein Epos des Mutes darstellt.

Die Schwimmerinnen

2022, Sally El Hosaini, UK/USA

Doku-Fiction, 134min

Basierend auf einer wahren Geschichte begleitet der Film die syrischen Schwestern Yusra und Sara Mardini bei ihrer Flucht vor dem Krieg, ihrer gefährlichen Überfahrt über das Meer und ihrem Neuanfang in Deutschland, wo sie als Schwimmerinnen Karriere machen.

Kritische Anmerkungen: Regisseurin El Hosaini schafft eine kraftvolle Geschichte über Schwesterlichkeit und sportlichen Ehrgeiz, die persönliche Erfolge und Hoffnungen mit der allgemeinen Flüchtlingskrise verbindet: Die Bilder von unzähligen weggeworfenen Schwimmwesten an der griechischen Küste dienen als anschauliche visuelle Metapher für die Tausenden von Flüchtlingen, die ähnliche Reisen hinter sich haben. Die Verflechtung von Sportfilm-Tropen mit Migrationserzählungen bietet eine zugängliche und dennoch emotional komplexe Geschichte für jedes Publikum.

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Film-Empfehlungen zusammengestellt von Migration Matters Kollegin Raissa Baroni, Doktorandin an der Universität Turin, wo sie zum Thema „Migrant Mediascapes: Das Kino der Migration(en) als Medium für interkulturelles Verständnis im italienischen und deutschen Filmerbe (2011–2026)” forscht.